
In einem kleinen, verschlafenen Dorf am Rand eines dunklen, geheimnisvollen Waldes lebte ein außergewöhnliches Mädchen namens Lina. Es war nicht einfach ein normales Mädchen, denn Lina war eine Vampirin. Ihre Zähne waren spitz und schimmernd, ihre Haut war so blass wie der Mondschein und ihre Augen leuchteten in einem warmen Lilaton. Doch trotz all dieser merkwürdigen Eigenschaften hatte Lina eines, was sie von den anderen Vampiren unterschied: Sie wollte nicht gruselig sein, sondern freundlich!
Lina lebte mit ihrer Familie in einer alten Burg, die hoch auf einem Hügel thronte. Die anderen Vampire in ihrer Familie fanden Freude daran, den Dorfbewohnern einen Schrecken einzujagen, und sie waren der Überzeugung, dass das nur normal sei. Aber Lina beobachtete die Menschen im Dorf von ihrem Fenster aus und sah, wie sie lachten, spielten und sich umeinander kümmerten. Sie wünschte sich, auch einen Platz in dieser fröhlichen Welt zu finden.
Eines Nachts, als der Vollmond hell über der Burg schien, fasste Lina den Mut und beschloss, ins Dorf zu gehen. Ihre Familie hatte sie immer gewarnt, dass die Menschen direkt auf Vampire reagieren würden und nicht gerade freundlich sein würden, aber Lina war entschlossen, anders zu sein. Sie zog ihr einfachstes Kleid an, ein hellblaues Kleid, das fröhlich im Mondlicht schimmerte und machte sich auf den Weg.
Als Lina im Zentrum des Dorfes ankam, bemerkte sie, dass die Leute gerade ein Fest vorbereiteten. Es war das jährliche Erntedankfest, und bunt geschmückte Tische standen auf dem Marktplatz, während Kinder umherliefen und Lieder sangen. Lina beobachtete sie ein wenig schüchtern aus der Ferne, unsicher, ob sie sich wirklich einmischen sollte. Doch dann hörte sie das Lachen eines kleinen Mädchens, das zu einem anderen Kind rief: „Komm, lass uns eine Kürbislaterne machen!“
Das kleine Mädchen hatte blonde Locken und funkelnde, neugierige Augen. Lina war sofort von dieser Fröhlichkeit angezogen und konnte nicht widerstehen. Sie trat näher heran und lächelte vorsichtig, während sie leise zusah, wie die Kinder spielten. Das kleine Mädchen bemerkte sie und sagte: „Hallo! Wer bist du denn? Du siehst anders aus.“
„Ich bin Lina,“ antwortete sie nervös. „Ich komme von der Burg.“ Das Lachen der Kinder verstummte für einen Augenblick. Lina spürte, wie ihr Herz schneller schlug und sie hoffte, dass sie nicht weglaufen würden, wie sie es von den Geschichten gehört hatte. Doch das Mädchen schaute sie neugierig an. „Willst du mit uns eine Kürbislaterne machen? Es macht riesigen Spaß!“
Lina war überrascht von dieser Einladung. „Ich bin kein Mensch, ich bin eine…Vampirin.“
Das Mädchen zuckte nur mit den Schultern und grinste. „Das ist egal! Du kannst trotzdem helfen!“
Vorsichtig trat Lina näher und sie begannen gemeinsam, den Kürbis auszuhöhlen. Mit einem kleinen Messer schnitt Lina ein fröhliches Gesicht in die Frucht. Die anderen Kinder beobachteten sie skeptisch, aber als sie sahen, wie Lina arbeitete und mit so viel Freude an der Sache war, begannen sie wider Willen, sich aufzulockern.
Bald folgten andere Kinder dem Beispiel und fragten Lina um Hilfe bei ihren Kürbislaternen. Sie fühlte sich immer wohler und spürte, wie sich eine Gruppe von Freunden um sie bildete. Es war ihr erstes Gefühl von Zugehörigkeit, und es war etwas, das sie sich nie hätte träumen lassen. Sie lachten und sangen zusammen, während der Duft von frisch gebackenem Brot durch die Luft wehte.
Doch als die Nacht dunkler wurde und der Mond hoch am Himmel stand, tauchte ein älterer Vampir auf, der Linas Vater war. „Lina! Was machst du hier? Die Menschen sind gefährlich! Komm sofort nach Hause.“ Seine Stimme war voller Tadel.
Die Kinder schauten sich besorgt an und Lina fühlte, wie ihr Herz sank. Aber sie wollte sich nicht von ihrem Vater unter Druck setzen lassen. „Aber Papa, sie sind nicht gefährlich! Sie sind nett zu mir. Ich möchte hier bleiben!“
Ihr Vater schaute ungläubig drein, aber die Kinder, die während des Festes ihrer Mutter von Lina erzählt hatten, hielten sie an der Hand und riefen: „Wir wollen, dass Lina bleibt! Sie hat unsere Kürbisse schöner gemacht!“
Der alte Vampir seufzte, als er Linas Glanz sah. Der Mut, den sie gezeigt hatte, um zu sich selbst zu stehen, war bewundernswert. „Nun, wenn du wirklich bei ihnen sein willst, dann musst du lernen, freundlich und mutig sein zu können. Es braucht viel Kraft, um nicht gruselig zu sein, auch wenn es das von dir erwartet.“
Lina lächelte und nickte. „Das kann ich! Ich werde es lernen, um meinen Freundinnen helfen zu können!“
Und so kam es, dass die Vampirin Lina, die sich entschloss, freundlich zu sein und ihre eigene Identität zu umarmen, in der wunderbaren Welt der Menschen einen Platz fand. Von nun an besuchte sie das Dorf oft, half beim Erntedankfest und spielte mit den Kindern. Jeder liebte die freundliche Vampirin, die Mut gezeigt hatte, um anders zu sein.
Und jede Nacht, wenn sie das Schlaflied hörte, dachte Lina an das, was sie gelernt hatte: Man muss nicht so sein, wie andere es erwarten. Man kann seine eigenen Wege finden und dabei andere erhellen. Und so endete der Abend in Lachen und Freude, während die Sterne am Himmel funkelten und die Nacht sie sacht in den Schlaf begleitete.